Reiten mit den Cowboys der Anden
Ecuadors letztes Rodeo
Knapp unterhalb des Äquators, an den Flanken des Vulkans Quilindaña in den Anden, liegt die Hacienda El Tambo. Jedes Jahr kommen Dutzende von Chagras zu dieser Farm, um an einem der letzten traditionellen Rodeos teilzunehmen. Die National Geographic-Redakteurin Barbera Bosma und der WideOyster-Fotograf Frits Meyst begleiten die Anden-Cowboys bei ihrem jährlichen Rindertreiben. Das ist nichts für schwache Nerven.
In der Ferne vernehmen wir Jubelrufe, Beifall und Hufgeklapper. Von der Ladefläche des Pickups aus, den wir strategisch günstig direkt neben dem trockenen Flussbett geparkt haben, sehen wir in einiger Entfernung die ersten Tiere am Berghang auftauchen. Dahinter eine U-förmige Anordnung von Cowboys auf braunen und gefleckten Pferden. Sie sind heute früh in die Berge aufgebrochen, um die Herde von der Hacienda El Tambo zu den Koppeln rund um die Farm zu treiben. Die Rinder, schätzungsweise achthundert bis neunhundert Kühe, Stiere und Kälber, verteilen sich auf etwa fünftausend Hektar Land. Das Gelände ist zerklüftet, die Täler und steilen Hänge sind mit Felsbrocken und Steinen von Vulkanausbrüchen übersät, die flacheren Teile sind von Schluchten und Flüssen durchzogen.
Zu unserer Rechten macht sich die nächste Gruppe von Chagras an die Arbeit. Sie sollen verhindern, dass die Tiere über die Fluchtwege nach Osten entwischen. Stundenlang warteten sie, versorgt mit Getränken und Zigaretten. Jetzt rasen sie auseinander, sichtlich erleichtert, handeln zu können. Drei-, vielleicht vierhundert Tiere galoppieren in unsere Richtung. Am Rand der Herde gelingt einer Handvoll Rindern die Flucht, darunter ein aufgeregter Bulle. Sofort nimmt ein Chagra die Verfolgung auf. Mit seinem Lasso gelingt es ihm, den Stier zu fangen und ihn nach der Herde in die Arena zu führen. Das Tier hört nicht auf wild um sich zu treten und zu bocken.
FESTIVAL
Dieses weithin bekannte und beliebte Rodeo (vom spanischen rodear, “einkreisen”) ist nicht mit seinem amerikanischen Pendant zu vergleichen. Ein ecuadorianisches Rodeo wie dieses ist in erster Linie ein Viehtrieb, ein Round-up. Zweimal im Jahr – einmal beim großen Rodeo und einmal bei der Repunte, einem kleineren Treiben – wird die Herde in einen anderen Abschnitt des Grundstücks getrieben, damit sich das Land erholen kann. Gleichzeitig ist das Rodeo ein guter Zeitpunkt, um die Tiere zu zählen, zu impfen und zu kennzeichnen. Einige der Bullen werden dann verkauft. Kälber und Kühe bleiben zusammen, und die meisten Tiere grasen bis zu ihrem (natürlichen) Tod rund um El Tambo. Hier und da sehen wir Kadaver. Tiere, die hier sterben, werden nicht beseitigt. Ihre Überreste dienen Kondoren, Geiern, Pumas und anderen Wildtieren als Nahrung.
Das Rodeo ist aber auch eine gesellschaftliche Angelegenheit, fast ein Fest, bei dem sich Chagras aus der weiteren Umgebung treffen, ihre Reit- und Lassokünste zeigen und am Abend bei Musik, Gesang und starkem Zuckerrohrschnaps ihre Kultur feiern. Während der Rodeotage übernachten manchmal bis zu hundert Chagras aus nah und fern in El Tambo. Die bescheidene Tagespauschale, die sie für ihre Arbeit erhalten, ist zweitrangig gegenüber ihrer Liebe zum Rodeo. “Es liegt uns im Blut. Es ist eine Sucht, eine Liebe. Es ist authentisch, rau, spaßig, anstrengend – ein Adrenalinstoß. Die Herde gibt das Tempo vor. Die Kühe können einen Abhang um ein Vielfaches schneller hinuntergaloppieren als ein Pferd. Und nein, es ist nicht ohne Risiko, aber die Teilnahme am Rodeo ist etwas Einzigartiges, eines der besten Dinge, die man auf einem Pferd tun kann”.
Das Rodeo von El Tambo ist eines der letzten Rodeos in Ecuador. Früher organisierten alle Haziendas Rodeos, aber diese Zeiten sind vorbei. Es erfordert viel Organisation und ist kostspielig; deshalb haben viele Landbesitzer ihre Herden verkauft oder die Tiere verwildern lassen. Damit droht eine vier Jahrhunderte alte Tradition verloren zu gehen – einer der Gründe, warum El Tambo weiterbesteht. Auch durch die Beherbergung von Gästen während des Rodeos und in kleinem Maße das ganze Jahr über.
LA BOMBA
Pünktlich um 8 Uhr wird jeder Rodeotag mit einer Zeremonie eröffnet: la bomba. Die Chagras versammeln sich in voller Montur – Poncho, Chaps, Hut – zu Pferd in einem großen Kreis, die Lassos bereithaltend. Gerardo Cando, der Leiter des Rodeos, begrüßt die Gruppe. America, Marisol und Paola, die Frauen, die im Haus für das Essen sorgen und das Feuer in den Kaminen am Lodern halten, gehen mit Zigaretten, Süßigkeiten und Alkohol herum. Ein Trinkspruch und ein Shot starker Zuckerrohr-Gin: salúd, auf einen tollen Ritt, einen tollen Tag und eine tolle Atmosphäre. Viva la Rodeo, viva El Tambo!
Patrón Pablo Perez übernimmt das Kommando und läutet den Tag mit dem Padre Nostre, dem Vaterunser ein. Die Hüte werden abgenommen, auf die Brust gelegt und die Augen geschlossen. Nach dem Gebet werden die Aufgaben, Gebiete und Teams aufgeteilt. In Gruppen von fünf oder sechs Reitern begeben sich die Chagras zu den Paradas, strategischen Punkten hoch in den Bergen, oberhalb und in unmittelbarer Nähe der Herde. Dort warten sie, bis alle in Position sind – so weit wie möglich voneinander entfernt. Mit einem Rauchsignal, oft einem brennenden Heubüschel, wird das Startsignal gegeben. In einer U-Form-Anordnung stürzen die Chagras hinab, um die Rinder zu umzingeln und zu versammeln. Die Faustregel für Rodeo-Teilnehmer: In der Herde sind die Tiere fügsam; sind sie allein, sind sie wild und rauflustig. Halte Abstand. Gehe ihnen aus dem Weg. Es ist immer gut, etwas zum Werfen dabei zu haben, falls du es mit einem aggressiven Tier zu tun bekommen solltest. Wenn du aus irgendeinem Grund eine Pause einlegen möchten, teile dies bitte den anderen mit. Wenn du stürzt, gibt es immer jemanden, der dir zu Hilfe kommt. Halte Blickkontakt mit den anderen Gruppen und folge den Anweisungen. Die Idee ist, Spaß zu haben und nicht umgebracht zu werden.
EINE EINZIGE KATASTROPHE
Dass das Rodeo nicht harmlos ist, zeigte sich schon am Vortag. Während des Auftriebs der toros bravos – der Kampfstiere, die neben Raubtieren auch Viehdiebe in Schach halten – kommt es zu einem Zwischenfall. Während der Fotograf Frits Meyst den Cowboys in die Berge folgt, beobachte ich die Szenerie vom Tal aus auf dem Rücken meines Pferdes. In der Ferne stürzt ein Dutzend schwarzer Stiere den Hang hinunter, gejagt von brüllenden Chagras. Ein paar Hunde durchkreuzen die Gruppe. Mein Pferd spürt die Aufregung und wird unruhig. Ich kontrolliere es so gut ich kann, die Zügel in der rechten Hand, den linken Arm locker am Körper, um das Gleichgewicht zu halten.
Dann plötzlich eine Finte. Die Stiere verteilen sich und entkommen aus der Umzingelung. Einige Chagras nehmen die Verfolgung auf, aber vergeblich. Gelassen kehren die Reiter nach El Tambo zurück und überlegen sich einen Plan B: eine größere Gruppe von Reitern, eine andere Route.
Als ich später Jorge Perez, einen der Eigentümer von El Tambo und Mitorganisator des Rodeos, frage, was genau schief gelaufen ist, lacht er. “Organisatorisch war es ein Chaos. Sie wollten zu viel und zu schnell. Es war eine einzige Katastrophe.” Einer der Chagras war außerdem ziemlich leichtsinnig, was ihn fast umgebracht hätte. Einer der Stiere griff an, warf den Chagra aus dem Sattel und stürzte über die Hörner des Stiers zu Boden. Dank eines aufmerksamen anderen Reiters, der mit seinem Pferd eingriff, um den Stier abzulenken, endete die Sache gut. Aber”, betont Perez, “diese Art von Unfall passiert nur beim Bullenreiten, nicht bei den anderen Jagden. Deshalb dürfen auch nur die besten und erfahrensten Chagras daran teilnehmen.
Am selben Nachmittag wird Plan B umgesetzt. Von einem höher gelegenen Stück Land aus blicke ich von ein paar Baumstämmen aus auf die Berge. Es ist kalt, die Luft ist dünn, aber die Sonne scheint hell. In der Ferne hebt sich die schneebedeckte Spitze des Vulkans Antisana klar vom blauen Himmel ab.
Weiter hinten hat sich die Gruppe der Chagras versammelt, etwa dreißig Mann, schätze ich. Sie teilen sich in zwei Teams auf. Am Horizont tauchen schwarze Punkte auf. Dahinter weiße, rote, ein blauer Fleck: die Chagras in ihren bunten, gestrickten Ponchos, im Galopp, auf der Verfolgungsjagd hinter etwa fünfzig schwarzen und braunen Stieren. Durch die Zäune stürmen sie in das erste Gehege und dann auf die angrenzende Weide.
Weiter vorne nähert sich eine Handvoll Männer auf Pferden, zwischen ihnen ein gewaltiger Stier, gefangen mit einem Lasso. In der Koppel angekommen, springen drei, vier, fünf Chagras von ihren Pferden, zwingen den Stier zu Boden und binden ihn mit dem Lasso an einen kahlen Baum. Der Stier brüllt aus Protest; nachdem er sich etwas beruhigt hat, wird er von zwei Reitern in die Arena geführt. Der erste Rodeotag ist vorbei.
Cowboys der Anden
Geschichte der Chagras
Das Wort “Chagra” leitet sich von “Chakra”, “Parzelle” oder “Stück Land” in Quechua, der Sprache der Ureinwohner, ab. Diese “Cowboys der Anden” sind Mestizen, Nachkommen von Eingeborenen und Spaniern, die von den spanischen Herrschern die Kunst des Reitens und den Umgang mit wilden Stieren erlernten. Ein Chagra zu sein ist eine Lebenseinstellung, die in der Regel vom Vater an den Sohn (und heutzutage vom Vater an die Tochter) weitergegeben wird. Chagras sind bekannt für ihre außergewöhnliche Reitkunst und ihre große Verbundenheit mit ihren Tiere. “Ein Pferd ist nicht nur ein Transportmittel oder ein Tier, es ist der verlorene Teil meiner Seele und meines Geistes”, sagt Faraón, einer der Chagras. Mit dem Verschwinden der Rodeos ist die Chagra-Kultur in Bedrängnis geraten, und der (kleine) Tourismus hilft, sie zu erhalten.
KARTOFFELN UND HUHN
Nach dem Abendessen, das sowohl im Haus, als auch in den Ställen stattfindet, versammeln sich alle – Chagras und ihre Familien, Gäste und Gastgeber – in einer der halboffenen Lehmhütten neben dem Haus zur Abendfiesta. Es wird getrunken und gesungen, über das Rodeo, über Patrón Juanito, den Vater der Perez-Brüder, über El Tambo und über die Ereignisse des Tages – Santiago stürzt von seinem Pferd und Onkel Pablo stürzt sich vor das Pferd. Rodeoleiter Gerardo Cando und sein Bruder German, auch bekannt als Dúo Hermanos Cando, singen und spielen Gitarre, umringt von den Chagras, deren Väter, Großväter und Urgroßväter schon vor ihnen hier saßen. Jorge Perez übersetzt mir den Tenor eines der Lieder, in dem es um alleinstehende Frauen geht, “so lecker wie papas y pollo” – Kartoffeln und Huhn.
Als ich den Chagra, der an diesem Morgen dem Zorn eines wütenden Stiers entkommen ist – frage, was das Rodeo für ihn bedeutet, beginnen seine Augen zu leuchten: “Adrenalin. Liebe. Sucht”
Der Mondschein, Tropico (ein lokaler Schnaps) und ein selbstgebrautes absinthähnliches Gebräu, das in einem Stierhorn serviert wird, fließen in Strömen, der Gesang schwillt an: “Wie wunderbar ist das Leben eines Chagra / Mit meinen Chaps aus Ziegenhaar / Und meinem tanzenden Pferd / Viva El Tambo!”
Neben den Sängern ist ein Chagra eingeschlafen, eingeklemmt zwischen zwei jüngeren Cowboys, die johlend Selfies mit ihm machen. Als ich Santiago Perez – den Chagra, der an diesem Morgen dem Zorn eines wütenden Stiers entkommen ist – frage, was das Rodeo für ihn bedeutet, beginnen seine Augen zu leuchten und sein Mund verzieht sich zu einem breiten Lächeln: “Adrenalin. Liebe. Sucht.”
WEISSER RAUCH
Nachdem der größte Teil der Herde die Zäune der Hacienda passiert hat, findet heute, am dritten Tag, das letzte Zusammentreiben statt. Fotograf Frits und ich stehen auf der Ladefläche des Pickups, an einem sanften Abhang, der direkt von den Bergen zur Koppel führt.
Schaut nur! Der Cotopaxi (“Hals des Mondes”, in Quechua)! Langsam lösen sich die Wolken um den Vulkan auf. Nur um seinen Hals kreist noch ein Kragen aus Nebel. Es ist fast so, als ob der Vulkan, der als schüchtern bekannt ist, da er sich gerne hinter den Wolken versteckt – einen Striptease hinlegt.
Noch bevor wir die Herde sehen, hören wir die Schreie der Chagras. Etwa sechzig Tiere galoppieren in unsere Richtung, gejagt von den Chagras. Auf beiden Seiten des Wagens rennen sie vorbei, angefeuert von den Reitern. Wir erfahren, dass irgendwo an den Hängen ein Pferd verletzt wurde. Ein wütender Stier durchbohrte mit seinen Hörnern den Unterschenkel des Pferdes. Stunden später kehren Reiter und Pferd – das den Angriff zum Glück überlebt hat – zu Fuß zurück.
Im Gatter werden die Stiere von den Kühen getrennt, indem man sie einzeln mit dem Lasso einfängt. Das erfordert Geschick, perfekte Zusammenarbeit zwischen Pferd und Chagra und höchste Konzentration: Die Tiere sind unberechenbar und wütend. Wütend bocken sie herum. Fast wäre es schief gegangen. Einer der Cowboys, der, wie es sich für moderne Chagras gehört, die Szene während der Fahrt mit seinem Handy filmt, wird von einem Stier überrascht. Sein aufgeschrecktes Pferd versuchte den Reiter von seinem Rücken zu werfen. Es geht gut aus, aber als ich mir das betreffende Video ansehe, sehe ich, dass es nur um Haaresbreite daneben lag. Auf dem Bildschirm sehe ich, wie sich der Stier nähert. Er stürmt direkt auf Alejandro Perez zu. Dann: ein verwackeltes Bild, ein umgekehrter Horizont, ein wilder Stier, der angreift, Schreie. Im letzten Moment gelingt es Alejandro, sein Pferd unter Kontrolle zu bringen und wieder in den Sattel zu steigen. Er kommt mit einem Schrecken davon – und mit einem Video, das ihm im Internet wahrscheinlich viele Daumen nach oben einbringen wird.
Ich sehe den Stier auf mich zukommen. Er stürmt direkt auf Alejandro zu. Ein verwackeltes Bild, ein umgekehrter Horizont, ein wilder Stier, der angreift, Schreie
Nach dem Mittagessen kehrt eine Gruppe von Chagras in die Berge zurück, um nach letzten herumstreunenden Tieren zu suchen. Die anderen Chagras arbeiten in den Ställen, wo die Tiere gezählt, geimpft und voneinander getrennt werden. Zwischen der großen Koppel und den anderen wurde ein Durchgang aus Holzzäunen gebaut, durch den die Tiere getrieben werden. Ich schaue vom Zaun aus zu. Es riecht nach Dung, Schlamm und Zigaretten. Eines nach dem anderen gehen die Tiere den Korridor hinunter. Pablo Perez zählt laut mit: vaca (Kuh), cria macho (Kalb, männlich), cria hembra (Kalb, weiblich), torete (Jungbulle), toro: plaza (reifer Bulle, zum Ring, zum Verkauf), vacona (rosa).
Nachdem die Tiere geimpft und aufgeteilt wurden, werden sie wieder in Gruppen von zwanzig Tieren in einen der Korridore geführt. In der Ecke brennt ein Feuer. Bevor die Herde in ein anderes Weidegebiet entlassen wird, muss noch etwas geschehen.
Große grau-weiße Rauchschwaden steigen aus dem Feuer auf. Eine Gruppe von Cowboys trabt auf ihren Pferden über die Koppel, Lassos schwingen durch die Luft. An manchen Stellen spritzt der Schlamm bis zu den Beinen hinauf. Sobald der Stier in der Schlinge steckt, packt ein Chagra am Boden den Schwanz des gefangenen Tieres; zwei andere halten den Kopf fest und zwingen das Rind zu Boden. Sofort erscheint der Rodeo-Tierarzt Arturo Espin mit dem heißen Eisen. Innerhalb von Sekunden ist das Zeichen von El Tambo, die Flor de Lis, auf dem Hinterteil des Tieres zu sehen. Kälber, mit Ausnahme der ganz jungen, erhalten einen Schnitt im Knorpel des Ohres. Der erste Schnitt in diesem und der Zweite im nächsten Jahr. Bei einigen erwachsenen Bullen fehlt die Markierung, und bei einigen sind die Ohren auch nicht angeschnitten, was darauf hindeutet, dass sie noch nie gefangen wurden. Diese werden verkauft, da keine Chance besteht, dass sie jemals wieder gefangen werden.
Als eine zweite Kuh markiert wird, rast ein junger Bulle herum und steuert direkt auf die Chagras zu. Die Männer rennen auseinander, springen auf den Zaun, auf die Böschung, hinter das Gerüst. Jubel, Rufe und Spott. Zwei Chagras rennen in den Schlamm und packen das Tier an den Hörnern. La puerta, la puerta, der Zaun! Drei Männer manövrieren das Tier aus der Koppel heraus auf die angrenzende Weide.
Eine Gruppe von Cowboys trabt auf ihren Pferden über die Koppel, Lassos schwingen durch die Luft
SCHLUSSAKKORD
Der letzte Tag des Rodeos ist angebrochen. Es ist neblig, die Feuchtigkeit der tief hängenden Wolken steht in Tröpfchen auf den wettergegerbten Stirnen. Es ist kein Berg in Sicht, wir sind von Nebel umgeben. Die Herde auf der Weide am Fuße von El Tambo hat die ganze Nacht gebrüllt. Pferde werden gesattelt, mehrere Lastwagen kommen an – die Käufer der Stiere. Die letzten Tiere der Herde werden freigelassen.
Als wir nach dem Frühstück den Rückweg antreten, finden wir die letzten verbliebenen Chagras zu Pferd in einem Kreis auf der Koppel. Etwa dreißig Leute, in der Mitte Gerardo Cando mit seiner Gitarre. Er beginnt zu spielen. Es wird gelacht, viel geschwätzt und gesungen. Über das Rodeo, über Whiskey, Frauen und Toros Bravos. Die Flaschen gehen herum. Inmitten dieser spontanen Bomba, einer improvisierten Abschlusszeremonie, tanzen die Brüder, Onkel und Cousins Perez, Besitzer des El Tambo und Organisatoren dieses letzten verbliebenen Rodeos. Viva la familia Perez, heißt es. Es lebe El Tambo
Dieser Bericht erschien zuvor in der niederländischsprachigen Ausgabe von National Geographic Traveler (03-2023)
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Hacienda El Tambo
Tambo bedeutet auf Quechua “Rastplatz”. El Tambo liegt an einer alten Inka-Route vom Hochland zum Amazonasbecken. Während der Conquista beanspruchten die Jesuiten dieses Land für den spanischen König und zerstörten die Anlage. Mit den Steinen bauten sie Mauern um die Ställe, in denen sie ihr Vieh hielten. Jahrhunderte später wurde das Haus mit einem Teil der alten Steine wiederaufgebaut. Die Stallungen werden noch immer für die Viehhaltung genutzt. El Tambo ist ganzjährig für Gäste geöffnet.