Kitzel deinen Gaumen mit palästinensischem Essen
Kulinarisches Ost-Jerusalem
Kunafa und Hummus. Falafel und Lahmacun. Süß und herzhaft mit einer Prise Umami, und immer köstlich. Die Altstadt von Ost-Jerusalem ist ein Fest der Aromen und Anekdoten. Die Esskultur spiegelt die wahre der Seele einer Stadt. Begleite den Tanz den unsere Geschmacksnerven im Takt des kulinarischen Herzschlags Ostjerusalems vollführten. Und mach dich darauf gefasst, Appetit zu bekommen.
Die Straßenverkäufer, die Erdbeeren, Minze und andere duftende Kräuter verkaufen, sind schon vor Sonnenaufgang auf der Straße. Sie platzieren sich auf dem blanken und glänzenden, jahrhundertealten Kopfsteinpflaster in der Nähe des Damaskustors, eines der sieben Tore der Altstadt von Ostjerusalem und das monumentalste aller Tore. Natürlich bevorzugen sie diesen Standort; er ist geschäftig, überfüllt, lebendig und einer der beliebtesten Wege, um die Stadt zu betreten. Die Verkäufer bieten nicht nur Lebensmittel an. Du findest auch jede erdenkliche Art von Schmuck. Wir interessieren uns vor allem für die zahlreichen Essensstände in diesem Teil der pulsierenden Heiligen Stadt. Tauchen wir ein in die Gaumenfreuden des palästinensischen Jerusalem. Y’Allah!
Wir haben heute eine frühe Verabredung mit Iman, unserer reizenden Führerin. Erster Halt in der Al Khawajat Street. “Bis in die 1920er Jahre handelten die Armenier hier mit Gold”, erzählt uns Iman. Danach, bis 1967, als die Israelis Jerusalem besetzten, war die Straße voller Schneidereien. Aber nach der Besetzung kleideten sich die Menschen nicht mehr so schick. Abgesehen von ein paar kleinen Schneiderläden dreht sich jetzt alles um Street Food.
Hirn
zum
Frühstück
Gekochte Lammhirne
Al-Khawaja-Street, Altstadt
Ich stoppe an einer kleinen Metzgerei. Sie muss gut sein, denn es hat sich eine lange Schlange gebildet. In der Vitrine erkenne ich Leber und Kutteln. Lecker. Ich entscheide mich für Khash, gekochtes Lammhirn. Der Geschmack von Innereien ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich liebe ihn.
Nebenan, in der Hausnummer 49, stellt ein Mann traditionell Hummus her: von Hand mit Mörser und Stößel neben einem riesigen heißen Topf voller Kichererbsen. Der Laden platzt aus allen Nähten vor lauter hungriger Kunden, die darauf warten, bedient zu werden.
In der Al Khawaja Street 35 schlürfen zwei elegant gekleidete Schneiderinnen vor ihrem Geschäft Tee und schwatzen. Ein weiterer Schneider gesellt sich zu ihnen. Auf meine Frage, ob er hier in der Nähe wohnt antwortet er lächelnd: “Ich bin Palästinenser. Ich bin hier geboren und wohne immer noch hier. Früher gab es in dieser Straße siebzig Familien, die von der Schneiderei lebten. Jetzt gibt es nur noch sechs. Heutzutage ist es schwer, als Schneider Geld zu verdienen, aber ich will hier bleiben. Das ist mein Leben.”
Ich entscheide mich für einen Teller mit gekochtem Lammhirn
Dr. Spice
Der Gewürzladen
Al Attarin Street, Altstadt
“Er ist mein Freund, mein Gehilfe, mein Arzt und mein Koch”, sagt Iman lächelnd, als wir bei Hazel, in der Stadt besser bekannt als Dr. Spice, ankommen. “Sag ihm wo es weh tut und er gibt dir das passende Mittel. Erzähl ihm was du zubereiten möchtest und er gibt dir das perfekte Gewürz”, sagt Iman. Auf dem Souk in der Al Attain Street 4 herrscht reges Treiben. Der Gesang der Käfigvögel übertönt den Chor des Nachmittagsgebets. “Wir Glücklichen”, sagt Iman. “Manchmal steht man hier über eine halbe Stunde an.”
Als ich an der Reihe bin, schaut mir Dr. Spice direkt in die Augen und fragt: “Was haben Sie denn für Beschwerden? “Muskel- und Leberprobleme”, antworte ich. Er fängt an, ein Fläschchen mit Ölen zu füllen und mit verschiedenen Gewürze aus zahlreichen Säcken und farbenfrohen, wohlriechenden Pulvern und Pasten zu kombinieren. “Hazel weiß, wie man spezielle Mischungen herstellt, die zahlreiche Krankheiten heilen. Ein Talent, das unmittelbar von Allah gegeben ist”, flüstert Iman. In den ersten Tagen, in denen du dieses Präparat einnimmst, solltest du dich nicht zu weit vom Badezimmer entfernen”, rät mir der “Doktor”. Ich bezahle. Hinter mir hat sich schon wieder eine Schlange von über zehn Leuten gebildet.
“Ein Talent, das unmittelbar von Allah gegeben ist”
Als wir um die Ecke biegen, taucht ein Straßenhändler, mit einen großen Topf auf dem Kopf auf. Was verkauft er? frage ich. “Warak Dawalie, palästinensische gefüllte Traubenblätter. Hausgemacht”, sagt Iman, während sie zwei zum Probieren bestellt. Ich koste die schmackhaften Weinblätter, die mit Lammhackfleisch und Reis gefüllt sind. Neben uns zwei Männern, die sich unterhalten und eine Shisha rauchen. Wie viele kann man wohl innerhalb zehn Metern essen?
Fabrik
des
Glücks
Konditorei Abu Seir
New Gate Street, Altstadt
Die schwachen Lichtstrahlen der Frühlingssonne beleuchten die Straßen des christlichen Viertels in der Altstadt des palästinensischen Jerusalem. Es ist Sonntag. Die Straße ist wie ausgestorben. Unser nächster Halt ist eine Bäckerei, die von Imans Töchtern und ihrem Mann betrieben wird: das Café Abu Seir. Sara, die älteste Tochter, schreibt ihre tägliche Botschaft an die Kunden auf die Tafel. “Manche Heldinnen tragen Umhänge. Andere machen Kaffee und Gebäck”, schreibt sie. Die Nachricht endet immer mit einem FOH. “Das bedeutet Factory of Happiness”, erklärt mir Sara lächelnd.
“Für mich ist es ein Geschenk, mit meiner Familie selbständig zu arbeiten”, sagt Ibrahim, der Chef-Patissier und Saras Vater. Früher arbeitete Ibrahim als Chef-Patissier in mehreren erstklassigen Hotels. “So viel Zeit mit meinen Lieben zu verbringen, ist unbezahlbar.” Die Kellnerin bringt uns zum Kaffee einen Mille-feuille-Kuchen. Er ist köstlich. “Mein Lieblingskuchen”, sagt Sara.
“Er ist nicht billig, aber die gebackenen Kunstwerke meines Vaters sind es wert. Wenn jemand leckeren Kuchen oder feine Schokolade will, weiß er, wo er hingehen muss.” Ihre Mutter sieht sie an und hört ihr mit sichtbarem Stolz zu. Ihr Vater versucht, ihn zu verbergen. “Mein Vater war in Schokolade verliebt, bevor er sich in meine Mutter verliebt. Ich glaube, sogar noch mehr”, sagt sie, während sie seine Mutter anlächelt.
Wir betreten den eleganten Laden. Es läuft chillige Ambient-Musik. An den Wänden hängen Familienfotos mit Kunden und Zeitungsausschnitte. Ein kleiner Weihnachtsbaum steht neben einem Bild des Felsendoms und ein Amulett mit der Hand von Fatima. “In unserem Laden gibt es Symbole aller Religionen. Denn jeder ist willkommen”, sagt Iman. “Jeder, der einen schönen Ort sucht, um gutes Gebäck zu genießen, ist willkommen.”
Mittagessen mit den Karakashians
Armenische Familie
Alte Stadt
In den endlos verschlungenen, kleinen Gassen der Altstadt nimmt man Schleichwege oder verirrt sich hoffnungslos. Aber Iman kennt den Weg. Sie bleibt vor einer kleinen Tür stehen: der unscheinbare Eingang zu einem kleinen Paradies. Wir betreten einen Hof mit einem Garten aus Zitronenbäumen und Bougainvillea und steigen die Treppe zur Tür eines Hauses hinauf. Beim Eintreten empfängt uns lächelnd eine Familie und heißt uns in ihrem Haus willkommen. Wunderbar! “Um die Kultur dieser erstaunlichen Stadt kennen zu lernen, muss man in die einheimische Gastlichkeit der Menschen hier hineinschnuppern. Seien Sie willkommen”, lächelt Iman.
Wir gelangen in ein gemütliches Wohnzimmer, wo wir an der Wand ein Webbild des Berges Ararat, des nationalen Symbols Armeniens, entdecken. Dazu Familienfotos und ein altes Radio. “Mein Vater hat das Haus in den 1960er Jahren gekauft, zu einer Zeit, als sich die Häuser im Hof noch ein Bad und eine Küche teilten”, erzählt mir Tzoghig Aintablian Karakashian, eine sympathische und aufgeschlossene Frau.
Die Aintablians und Karakashians sind Armenier. Die ersten armenischen Christen kamen im 4. Jahrhundert in Jerusalem an. Aber der große Zustrom kam nach dem Völkermord an den Armeniern durch die Türken im Jahr 1915. Dieser schwemmte etwa zehntausend armenische Flüchtlinge in die Heilige Stadt. “Die armenische Gemeinschaft war die erste, die das Schneiderhandwerk, den Goldhandel und die Fotografie in die Stadt brachte”, erzählt mir Hagop, Tzoghigs Ehemann, mit sichtlichem Stolz. “Unsere Familie kam 1919 für ein Projekt zur Renovierung der Kacheln des Felsendoms nach Jerusalem und blieb.
“Unsere Familie kam 1919 für ein Projekt zur Renovierung der Kacheln des Felsendoms nach Jerusalem und blieb”
Wir setzen uns an den Tisch, trinken Wein und unterhalten uns. “Ich habe schon immer davon geträumt, ein eigenes Restaurant zu betreiben, daher fiel es mir leicht, mich an diesem Projekt mit Iman zu beteiligen”, sagt Tzoghig. Ich überlege laut, ob das Essen dasselbe ist wie das, was man jetzt in Armenien essen würde? “Eine interessante Frage”, beginnt Tzoghig zu erklären. “Die armenische Küche der Migrantenfamilien ist eher traditionell. Die Menschen neigen dazu, zu kochen, was sie kennen. Die Art und Weise, der Zubereitung ist eine Möglichkeit, an der Heimat festzuhalten.”
Die Familie wechselt zwischen Arabisch und Englisch mit beneidenswerter Leichtigkeit. Sie interessieren sich für das Essen in meinem Land, Spanien. “Bei den gemeinsamen Mahlzeiten lernen wir voneinander”, sagt Tzoghig.
“Ihr lernt etwas über unsere Kultur, und wir studieren eure. Ich glaube wirklich, dass gegenseitiges Verständnis der Weg zum weltweiten Frieden ist.”
In der Zwischenzeit kredenzt mir Takouhi Aintablian, die Hausherrin, eine weitere Schüssel mit köstlichem Madzoon Ov Kufteh. Eine herrlich würzige Suppe mit Fleischbällchen und Joghurt, begleitet von Lahmacun, der armenischen Pizza. Bei der Verabschiedung schenkt uns die Familie Aintablian Karakashian noch Zitronen aus ihrem Innenhof. Sie duften intensiv und lecker. Wir treten durch das kleine Tor mit dem wohligen und unbezahlbaren Gefühl, ein kleines Stück Armenien mitten im palästinensischen Jerusalem erlebt zu haben. Das Zuhause für fremde Gäste zu öffnen. Ist das nicht perfekt gelebte Gastfreundschaft?”
Kunafa
süß & käsig
Herr Kunafa
Al-Wad-Street, Altstadt
“Ich musste hier bei null anfangen”, erzählt Ahdi Ja’Bari vor seinem Laden. “Früher lebte ich in Syrien, in Aleppo. Hatte dort einen großen Laden. War sehr erfolgreich. Wegen des Krieges musste ich alles verlassen. Ich konnte nichts mitnehmen. Bin weggelaufen. Kam hierher. Und hab noch mal von vorne angefangen.”
Ahdi, der ursprünglich aus Hebron stammt, ist auch unter dem Namen seines Geschäfts bekannt: Mr. Kunafa, was sich auf ein typisches Dessertgericht der arabischen Länder, insbesondere Palästinas, bezieht. Kunafa, auch kanafeh, knafa, knafeh, kunafeh oder kunafah genannt, ist ein käsiges Gebäck, das zum Frühstück, zum Abendessen und zum Nachtisch serviert wird. Es ist ein köstliches süßes Gericht mit einem leicht salzigen Nachgeschmack durch den Käse und die knusprigen Pistazien. Nach der Zubereitung wird er auf ein kleines Blech gelegt und in den Ofen geschoben. Wenn der Käse geschmolzen ist, kann er verzehrt werden. Es ist süchtig machend lecker.
Herr Kanafa trägt ein Hemd, eine Krawatte und eine rote Schürze. Auf seinen gepflegten Haaren ruht eine Sonnenbrille. “Das syrische Volk ist sehr herzlich”, sagt er. “Ich lernte bei einem alten Mann, der mir den besten Rat gab: Wenn du etwas Gutes schaffen willst, mach es so, wie du es selbst gerne essen würdest. Probiere es und biete es dann deinen Kunden an.” Ein Schwarz-Weiß-Foto seines Großvaters als junger Mann beherrscht den Raum. Als wir draußen an seinem Tisch plaudern, tanzt und singt eine große Gruppe jüdischer Jugendlicher lautstark, flankiert von mehreren bewaffneten Soldaten. Ein älterer Kunde sieht ihnen gleichgültig zu, während er einen elektronischen Rosenkranz schwenkt.
Würden Sie zurück nach Aleppo gehen, um Ihr Geschäft wieder aufzunehmen? “Ich würde ohne zu zögern zurückgehen. Ich liebe Jerusalem. Aber ich liebe Aleppo und ich würde von vorne anfangen. Noch einmal
Typisch
palästinensische
Küche
Restaurant Liwan
Assaf Al Nshasheby 1, Sheikh Jarrah
“Ich liebe es, Menschen mit meinem Essen glücklich zu machen.” Jack hat bemerkt, wie ich mir genüsslich über die Lippen lecke, während ich dem Koch beim Kochen zusehe. Der Geruch von Gewürzen erfüllt den Raum, während ich meinen Bauch knurren höre. Wir sind im Al Liwan, einem mediterranen Restaurant, über das wir von den Einheimischen schon viel Gutes gehört haben. Es befindet sich im Viertel Sheikh Jarrah, im Erdgeschoss eines stattlichen Gebäudes, das ein Institut für Kultur und Kunst beherbergt und in dem der berühmte palästinensische Schriftsteller Issaf Nashashibi wohnte.
“Dieser Ort war früher eine Galerie”, erzählt mir Jack Abdallah, der Besitzer und Küchenchef des Restaurants. “Ich habe es umgestaltet, um es traditioneller zu machen. Es gibt ein Grammophon, ein antikes Telefon, ein Radio, schöne Töpferwaren, die die offene Küchentheke zieren, und traditionelle Kunstwerke, die die Wände schmücken.
Ich brauche nur drei Bissen, um zu wissen, dass das Essen fantastisch ist
Jack hat eine libanesische Mutter und einen palästinensischen Vater. Er wurde in Jerusalem geboren, lebte aber im Libanon. Bevor er das Restaurant eröffnete, arbeitete er in verschiedenen internationalen Konsulaten im Sicherheitsbereich. “Ein Restaurant zu eröffnen war seit zwanzig Jahren mein Traum”, sagt er, während er die Speisekarte durchblättert und die besten Tagesgerichte für uns auswählt. Es gibt Frühstück, Mittagessen und Mahlzeiten in palästinensischer, libanesischer und armenischer Tradition sowie internationale Gerichte mit dem mediterranen Touch des Hauses. “Ich habe das Kochen zu Hause gelernt, bei meiner Mutter und meiner Großmutter. Mit der Zeit merkte ich, dass die Leute meine Gerichte mochten, und so gründete ich einen Catering-Service. Der nächste logische Schritt war das Restaurant. Ein Lebenstraum, in den ich meine gesamten Ersparnisse investiert habe.
Er serviert das Gericht des Tages: Musakhan, ein typisch palästinensisches Gericht mit Huhn, Zwiebeln und Mandeln, garniert mit Petersilie und Sumach und serviert auf Fladenbrot. Darüber hinaus gibt es Shakshuka, Salate und kleine Tabletts mit Hummus und Essiggurken. Ich brauche nur drei Bissen, um zu wissen, dass das Essen fantastisch ist: “Die meisten der Zutaten, die wir verwenden, sind zu 100 % biologisch und palästinensischen Ursprungs: Gurken, Oliven, Karotten, Chilis, Öle… alles.”
“Das Frühstück ist unsere große Spezialität”, sagt Jack, während wir die Nachspeisen kosten. “Dies ist das einzige Lokal in der Stadt, das morgens um 7:30 Uhr öffnet. Bei den Einheimischen, die vor allem wegen des Frühstücks kommen, ist es sehr beliebt. Alle unsere Kunden lieben unser Frühstück. Und wie ich schon sagte, das ist es, was ich am meisten liebe: Menschen glücklich zu machen.”