Stopover
Vancouver in zwei Tagen
Zwischen den Rocky Mountains und dem Pazifik liegt eine Stadt. Aber nicht irgendeine. Anfang 2019 erklomm Vancouver das Siegertreppchen der Weltrangliste der lebenswertesten Städte. Auf dem Weg nach Vancouver Island machen wir einen Zwischenstopp.
Ein Rasenmäher mit Flügeln. So lässt sich ein Wasserflugzeug wohl am besten beschreiben. Die ‘Beaver’, das Arbeitspferd des kanadischen Outbacks, spuckt und ächzt beim Start. Während unser Buschpilot Sicherheitshinweise herunterrattert, schippern wir gemächlich durch den Hafen von Vancouver. Die Enge in diesem kleinen Flugzeug ist schon gewöhnungbedürftig, vor allem, wenn man nur große Boeings gewöhnt ist. Der Tower gibt uns ‘Take-Off Clearance’ und der Pilot schiebt die Gashebel nach vorn. Ich habe schon viele Wasserflugzeuge abheben und landen sehen, aber es selbst zu erleben – das ist etwas ganz anderes. Das Abheben von der Wasseroberfläche geschieht so mühelos und langsam, dass ich gar nicht nicht merke, dass wir schon ‘airborne’ sind. Die Lionsgate Bridge kommt uns aber schnell entgegen, denke ich. Dann taucht sie plötzlich unter uns ab – dank eines ruckartigen Manövers unseres Piloten. Wir verbringen unsere letzte Nacht in Vancouver – über der Stadt und seiner Umgebung. Vieles von dem, was wir in den letzten Tagen erkundeten, erkennen wir trotz Dunkelheit wieder.
Stanley Park, der größte Stadtpark der Welt, ist der einzige mit Primärdschungel.
Auf der linken Seite erblicken wir den Stanley Park, den größte Stadtpark der Welt und der einzige mit Primärdschungel. Ich sehe den Strand an der English Bay, in dessen Sand und Sonne ich mich vor drei Tagen von meinem Interkontinentalflug erholt habe. Jetzt beneide ich die ‘Vancouverites’, die Bewohner Vancouvers, die diese Oase der Ruhe jeden Tag aufsuchen können. Viele kommen, um sich am Strand zu erholen. Doch die meisten joggen, radeln oder skaten auf den zahllosen Rad- und Wanderwegen, die den Park durchziehen. Während ihres Trainings können sie die neue Skyline von Downtown Vancouver bestaunen. Oder die mächtigen Rocky Mountains, die die Stadt im Norden und Osten ummauern. Oder sich im Westen vom Pazifischen Ozean erfrischen lassen. Ich kenne kaum eine andere Stadt, in der man so viel Auswahl hat, nah an der Natur zu sein.
Vancouver wird auch ‘Hollywood North’ genannt. Denn hier werden jedes Jahr mehr als 200 Filme und Fernsehserien produziert.
Mittlerweile fliegen wir über die Horseshoe Bay im Norden. Hier fallen die Berge senkrecht ins Wasser. Das steile Ufer ist gekrönt von einer langen Reihe von Prachtbauten, den Häusern der Reichen und Schönen. Vancouver wird auch ‘Hollywood North’ genannt. Denn hier werden jedes Jahr mehr als 200 Filme und Fernsehserien produziert. Die Anwesenheit prominenter Menschen verleiht Vancouver den Glamour einer internationalen Metropole. Häufig trifft man sie in trendigen Cafés oder beim Shoppen in Yaletown. Oder, wenn du Glück hast, sitzt Jennifer Lawrence im ‘Hot tub’ eines schicken Spas neben dir. Hier können Träume wahr werden…
Dutzende von kleinen Inseln kontrastieren mit etwa fünfzig Farbabstufungen von atemberaubend blauem Wasser. Zwei große graue Schatten ziehen langsam gen Süden. Der Pilot dreht die Beaver und wir beobachten die zwei Wale, wie sie mit ihrer Schwanzflosse winkend in der Tiefe verschwinden. In der Ferne erscheint Vancouver Island. Für viele Kanadier ist die Insel ein beliebter Ort für die langen Sommerferien und, noch länger, den Ruhestand. Die zerklüftete Insel mit einer Länge von etwa 400 Kilometern beherbergt mehrere Provinz- und Nationalparks. DIe meisten wohnen hier an der einigermaßen windgeschützten Ostküste. Der Rest ist das Gebiet von Bären, Pumas, Elchen, Holzfällern und Liebhabern epischer Outdoor-Abenteuer. Aber nicht nur auf dem Land ist es spektakulär. Die Gewässer der Johnstone- und Georgia-Straße sind die Heimat verschiedener Gruppen von Killerwalen. Diese sogenannten “Pods” folgen der Wanderung des Lachses und können in ihrer natürlichen Umgebung fast hautnah beobachtet werden. Dieses besondere Vorkommen von Killerwalen plus gute Erreichbarkeit für Besucher machen Vancouver Island zu einem der weltbesten Orte für Walbeobachtungen. Auch Lachsfischer und Matrosen sind hier gut angezogen.
Für viele Kanadier ist die Insel ein beliebter Ort für die langen Sommerferien und, noch länger, den Ruhestand.
Das alte Vancouver im West End, das mit den Holzhütten, das ist längst verschwunden. Jetzt prangt hier eine moderne Skyline, die sich von Coal Harbour bis nach False Creek zieht.
Die Sonne strahlt wie in Zeitraffer von links nach rechts durch die Windschutzscheibe vorbei und verschwindet hinter uns. Dann dreht die Beaver in Richtung English Bay. Hier hat alles angefangen. Vor über 200 Jahren. Wir schreiben das Jahr 1792. Nach einem Treffen des englischen Kapitäns Vancouver mit den spanischen Kommandanten Valdés und Galiano erhält English Bay seinen Namen. Auch Spanish Banks, wo das Treffen der drei stattfand, taufte man gleich mit. Neun paar Tage zuvor, genau am 13. Juni 1792, war es Vancouvers Schiff, das als erstes in den Burrard Inlet, einen Fjord vor dem heutigen Vancouver, einfuhr. Obwohl schon zuvor von zwei spanischen Seefahrern entdeckt, erhielt die Stadt – und auch die vorgelagerte Insel – des Namen des englischen Kommandanten. Erst 1827 wurde die erste dauerhafte Siedlung Vancouvers errichtet: Die Hudson Company eröffnete einen Handelsposten südlich der Stadt am Fraser River.
Glasfassaden-Innovationen inspirieren Architiekten und Raumplaner aus aller Welt.
Während die Geschichte in Europa von Königshäusern, Regenten und Republiken geleitet wurden, bestimmten Glücksritter, Pelzjäger und Holzfäller die Geschicke Vancouvers. ‘Gold!’ – ein einziges Gerücht ließ über 25.000 gierige Glücksritter in die Region vom Fraser River strömen. Und drei Engländer beschlossen gegen jeden Rat, eine Ziegelei zu errichten. Ihr Unternehmen floppte gnadenlos. Heute klingt ihre Geschäftsidee wie eine Vorahnung auf einen prosperierenden Immobilienmarkt: der Ort, auf dem sie einst ihre Fabrik erbauten, ‘West End’, ist Nordamerikas Gebiet mit der höchsten Bevölkerungsdichte und enormen Miet- und Kaufpreisen. Ein anderes Aushängeschild der Geschichte Vancouvers ist ‘Gassy Jack’, der eins einen Saloon für Holzfäller eröffnete. Der wurde so populär, dass rigendwann das ganze Viertel drumherum nach ihm benannt wurde: Gastown.
Das alte Vancouver im West End, das mit den Holzhütten – es ist längst verschwunden. Vancouvers Skyline verläuft vom Coal Harbour bis zum Ufer des False Creek. Glasfassaden-Innovationen inspirieren Architiekten und Raumplaner aus aller Welt.
Während wir weiterfliegen, zieht Granville Island unter uns vorbei. Das Stöbern auf dem Granville Island Market ist ein beliebtes Wochenend-Beschäftigung für die Bewohner Vancouvers. In alten Hallen und Schuppen werden hier Kunst, Köstlichkeiten und Kokolores feilgeboten. Herrlich gemütlich und langsam geht es hier voran. Wir genehmigen uns frischen Räucherlachs. Ich kannte den Unterschied nicht – wenn man Lachs in Vancouver bestellt, bekommt man die Frage: “Willst du Sockeye, Red Eye oder Coho? Kalt oder heiß geräuchert?” An einem anderen Stand kosten wir die exklusive ‘Icewine Jelly’ – eine Marmelade aus Eiswein. So viele Delikatessen! Am Ende des Tages waren meine Geschmacksknospen völlig erschöpft.
Der Granville Island Market ist eine beliebte Destination für die Vancouverites. In den alten Hallen und Schuppen werden Kunst, Köstlichkeiten und Kokolores feilgeboten.
Auf einem Teich ziehen kleine Boote Wasserwirbel hinter sich her, die wie kunstfertige Verzierungen aussehen. Es sind Wassertaxis, die Granville Island mit Yaletown verbinden. Hinter einem gläsernen Hochhaus am Ufer betritt man einen Stadtteil mit sorgsam restaurierten Lagerhallen. Die postmodernen Häuser und Geschäfte diensten einst als Domizil für Künstler und Hausbesetzer. Danach kamen die Architekten und Anwaltskanzleien und ließen sich in minimalistischen Hochgeschossen nieder. Die einstigen Künstlerateliers schachteln sich jetzt in kleinteilige Büros. Deren Insassen und auch viele Besucher verbringen ihre Freizeit in trendigen Geschäften, Bars und Restaurants. Mehr als 35% der Bevölkerung Vancouvers ist zwischen 25 und 45 Jahre als. Es dürfte kaum schwerfallen, viele lebendige Orte und Events zum Ausgehen zu finden.
Wegen seiner geographischen Lage – auf halbem Strecke zwischen Asien und Europa – kann man in der Stadt etwa gleich viele Chinesen und Japaner wie Europäer erblicken. Einige von ihnen blicken auf viele Generationen Einwanderergeschichte zurück. Das Chinatown von Vancouver ist eine der größten chinesischen Siedlungen außerhalb Asiens. Für Liebhaber asiatischer Küche führt hier kein Weg vorbei: es gibt es eine großartige Auswahl von Essensmöglichkeiten. Doch nicht nur Chinatown hat eine große asiatische Bevölkerung. Auch die Bezirke Richmond und Coquitlam werden bevorzugt von Chinesen und Japanern bewohnt. Das ist auch an interessanten Details auszumachen. So fehlt in einigen Gebäude in Richmond der vierten Stock. Die Nummerierung springt von drei bis fünf. Die vier wird vermieden, weil sie – als Zahl geschrieben – ein Symbol für den Tod darstellt und vermieden wird. Auch die Farbgebung von Interieurs, Fluren und Aufzügen ist auf den asiatischen Geschmack ausgerichtet: vieles strahlt in Gold und Jadegrün.
Wir beenden den Tag in einer Kreuzung zwischen einem Restaurant und einer Sake-Bar. In Japan ist diee Mischung als Izakaya bekannt – und sehr beliebt. Als wir hineingehen, überrascht uns die musikalische Begrüßung der Mitarbeiter. “IRASHAI MASE! KON BAN WA!” – Willkommen. Guten Abend – tönt es im Chor. Der Küchenchef bereitet uns einige kleine Gerichte aus der japanischen Küche zu, aber auch Leckereien mit westlichen Einflüssen. Diese ultimativen ‘Fusion’-Gerichte werden mit einem Glas Sake neutralisiert, Reiswein, von denen sich nicht weniger als 30 verschiedene auf der Getränkekarte anbieten. Eine ungemein schmackhafte und auch noch sehr schön anzuschauende Prozession von Köstlichkeiten findet dirket vor unseren Augen statt. Makrele Sashimi – am Tisch vom Chefkoch selbst mit einem kleinen Gasbrenner angebraten. Heilbutt auf einem Bett aus Zucchini, Zwiebeln und Lotuswurzel, gedämpfter Spargel auf einem Rosé-Schweinemedaillon ‘Gyoza’ Stil. Die Kombination der raffinierten Aromen mit der lässigen, doch sehr lebendigen Atmosphäre verschafft mir mein schönstes kulinarisches Erlebnis in Vancouver!
Zwanzig viel zu kurze Minuten dauerte unsere schwebende Entdeckungsreise über Vancouver. Noch eine letzte Runde über den Fraser River, dann richten wir uns für die Landung ein – vor unserem letzten kulinarischen Abenteuer dieser Reise. Morgen schon werden wir es uns in den Sitzen von Air Transat für unseren Rückflug gemütlich machen. Alle guten Dinge gehen zu Ende. ‘So long, Vancouver, ich komme wieder!’
Amsterdam-Vancouver ab 520 €
Air Transat fliegt von Mitte Mai bis Mitte Oktober 5x pro Woche von Amsterdam nach Vancouver. Von Brüssel aus 3x pro Woche.
Wenn du Komfort magst, gönn’ dir für1699 € die Clubklasse. Sie bietet geräumige Sitze, zwei Check-in Gepäckstücke und ein Gericht vom Küchenchef.
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