Prärien & Rockies
Es ist nicht leicht, die Rocky Mountains von Kanada in nur 14 Tagen zu bereisen. Es gibt dort so viel zu sehen, dass man ein Jahr dafür einplanen sollte. WideOyster suchte und entdeckte spannende Aktivitäten und wunderschöne Plätze. In zwei Wochen fuhren wir mit einem Wohnmobil über 1500 Kilometer – von der Prärie bis in die Rockies und zurück.
Nach einem komfortablen Air Transat Flug von Amsterdam und einer Hotelnacht in Calgary stehen John und ich pünktlich um 9 Uhr früh im Büro unseres Camper-Vermieters. Wir tauschen unseren Gutschein gegen einen riesiges Wohnmobil. John und ich lauschen einer kurzen, aber sehr ausführlichen Einweisung in die Rafinessen unseres acht Meter langen Hauses auf Rädern. Was wir vergessen, können wir später am Lagerfeuer im Handbuch nachlesen. Dann machen wir uns auf den Weg. Auf auf, ins Abenteuer! Und dafür müssen wir gar nicht weit fahren.
Another one bites the dust: Calgary Stampede
Wir schreiben die erste Juliwoche und das heißt: Startschuss für die berühmte Calgary Stampede! Cowboys und Cowgirls strömen von weit her, um das größte Rodeo der Welt zu sehen. Während des zehntägigen Rodeos stehen und stauen sie alle eng beieinander: Ärzte, Anwälte, Arbeiter – alle bekleidet mit Stiefeln, Jeans und Cowboyhut. Die harten Burschen auf den Pferden tragen traditionelle ‘Chaps’, flatternde Lederbeinkleider, die man über die Hose streift. Und sie wollen in einer der vielen verschiedenen Kategorien des Wettbewerbs einen Titel ergattern. Im Wettkampf versuchen sie, so lange wie möglich auf einem Pferd oder Stier zu sitzen oder so schnell wie möglich ein laufendes Kalb mit dem Lasso vom Pferd aus zu fangen.
Die Menge tobt: ein Cowboy legt auf einem wild taumelnden und ausschlagenden Pferd einen fulminanten Auftritt hin. Ein “Bronco”, ein nicht gezähmtes Pferd, auch ‘Unbroke’ (=ungebrochen) genannt, macht sehr seltsame, nur sehr schwer zu kontrollierende Sprünge, um seinen Passagier loszuwerden. Und dann passiert es. In einem kunstvollen Bogen segelt der Reiter durch die Luft und landet im Staub. Er rappelt sich auf, schnappt seinen Hut und verlässt leicht humpelnd die Arena, begleitet von frenetischem Applaus und vielen Woo-hoo’s. Ich muss zugeben: das ist spektakulär. Aber brutal. Die Erklärung des Moderators beruhigt mich ein wenig: es sei alles nicht so schlimm wie es aussieht. Jedes Pferd läuft nur zwei Rodeos während der Calgary Stampede. Den Rest der Zeit tollen sie auf einer Wiese hinter der Bühne herum. Viele Pferde in Kanada durchlaufen diese Art von mehrtägigen Rodeos als Teil ihrer Zähmung. Hier in Calgary ist Rodeo tief in die Kultur eingraviert. Yieeeehaaaaw!!!
Albertas Prärie
Einst von Millionen Bisons bevölkert
Von ‘One Gun Trail’ nach ‘John Drunken Chief’
Wir cruisen gemächlich durch die Prärie Albertas in Richtung Osten. Überall links und rechts des Trans Canada Highway berühren die welligen Getreidefelder den klaren blauen Himmel. Hier leben viele Nachfahren von holländischen Farmern, die nach dem Zweiten Weltkrieg hier ihr Glück suchten. Es wird einsamer, immer seltener erblicken wir Farmgebäude. In Cluny verlassen wir die Hauptstraße. Ich steuere den Camper auf dem ‘One Gun Trail’ im Siksika First Nations Reservat weiter in Richtung Blackfoot Crossing Historical Park. Der Boden, auf dem wir uns fortbewegen, war einst das Schlachtfeld der Europäer gegen die Stämme der Blackfoot Indianer, die in Kanada ‘First Nations’ genannt werden. Hier wurde auch der Friedensvertrag zwischen Chief Crowfoot und den britischen Siedlern geschlossen. Wir besuchen das Grab des Häuptlings: ein Hügel mit wunderschönem Rundumblick auf das Land seiner Vorväter. Wir entdecken andere Grabsteine mit bunten Namen wie ‘Running Rabbit’, ‘Iron Shield’, ‘Yellow Horse’, ‘Bad Head’, ‘Not Useful’ und ‘John Drunken Chief’. Auf fast allen thronen Gegenstände, die die Toten auf ihrer letzten Reise begleiten sollen. Ein Kindergrab ist mit Teddies eingedeckt. In mir werden Erinnerungen an ‘Friedhof der Kuscheltiere’ wach. Weiter unten, nahe der Straße, schmückt ein Baseballhandschuh ein Grab. Andere sind mit Whiskeyflaschen, Bisonschädel oder Cowboystiefel versehen. Es ist ein bizarr anmutender Anblick. Die Sonne liegt schon tief am Himmel, unser Tagesziel liegt noch in weiter Ferne. Es ist nahe den Bergen, die wir jetzt erst ausmachen, kurz vor dem Horizont.
Grabsteine mit Namen wie Running Rabbit, Yellow Horse, Not Useful und John Drunken Chief.
Head-Smashed-in-Buffalo-Jump
Die Straßen in Kanada verlaufen von Ost nach West oder von Nord nach Süd. Wir folgen der Nord-Süd-Linie nach Fort MacLeod. Die Stadt hat immer noch eine Hauptstraße mit echten historischen Geschäften und Häusern der ersten europäischen Einwanderer. Sind wir etwa in ein Filmset von John Wayne geraten? Die Bösen scheinen hier die grimmigen Jungs eines Motorradclubs zu sein. Ansonsten sind die Straßen ausgestorben. Nein, nicht ganz. Wir erspähen den einzigen Menschen weit und breit: einen echten ‘lonesome cowboy’. Das Klischee lebt. Fort MacLeod war einst die Basis der North-West Mounted Police (NWMP), seit 1867 starker Arm des Gesetzes in dieser Region. Heute sind in dem aus Holzpalisaden gebauten Fort Ausstellungen und Präsentationen über die geschichtsträchtige berittene Polizei zu sehen.
“Head-Smashed-in-Buffalo-Jump. Da will ich hin. Nur wegen des Namens.”
John zeigt auf die Karte und lacht: “Head-Smashed-in-Buffalo-Jump. Da will ich hin. Nur wegen des Namens.” Er liegt genau auf unserer Strecke. Wer kann schon auf einen Ort mit einem so verlockenden Namen verzichten? Der Ort entpuppt sich schließlich als Felsenklippe. Über diese jagten die Blackfoot Indianer viele tausend Büffel in den Tod. Ihre erfolgreiche wie grausame Jagdmethode wurde später von weißen Büffeljägern übernommen. So wurden fast alle Büffel der Region ausgerottet. Neben der Klippe selbst weist nichts mehr auf diese Gräueltaten hin. Um die bestialische Schlachterei nicht zu vergessen, wurde der Ort zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Ein Museum am historischen Tatort wartet mit beeindruckenden Details auf.

Giddy-up & Go
Wer in den Wilden Westen kommt, muss einmal auf dem Rücken eines Pferdes sitzen. Das war schon eine Überraschung, als Rancher Dan Nelson freudig mit zwei Pferden auf uns zukam. Eigentlich wollten wir uns von den langen Fahrstrapazen im Wohnmobil ausruhen und dann erst mal ganz allgemein über das Reiten nachdenken, bevor … Da erzählt mir John, dass er noch nie geritten ist. Schnell stellt sich heraus, dass die Pferde gar kein Problem mit ‘Greenhorns’ haben – unerfahrenen Cowboys so wie uns. Nach einer kleinen Reitstunde sitzen wir schon recht lässig im Sattel. Zurück im Camp treffen wir eine Gruppe von Kanadiern. Die sahen nach ihrem Tagesausflug mit Pferden noch sehr frisch aus. Wir verabreden uns für einen gemeinsamen Austritt am nächsten Morgen.
Es ist 7 Uhr früh. Unsere biologische Uhr steht noch auf holländischer Zeit. John und ich stehen als erste auf. Neben uns schälen sich auch Dan und der 18-jährige Rindertreiber Callin aus den Decken. Dan bereitet das Frühstück zu, während Callin Holz für den ‘Hot tub’ hackt – so nennt man hier ein heißes Bad in der Natur. Die 6-Personen Waschwanne aus Zedernholz, ausgestattet mit einem Holzofen, muss schon morgens angefeuert werden, um am Nachmittag mit angenehmer Wassertemperatur müde und staubige Gäste aufzunehmen.
Nach dem kräftigen Frühstück aus Speck, Bohnen, Eiern, Steak und gebackenen Kartoffeln gehen wir zu den Pferden. Jeder schnappt sich Sattel und Zaumzeug. Mit Hilfe von Callin kann ich in kürzester Zeit auf Coco steigen – eine kastanienfarbene Schönheit. John sitzt auf der schwarz-weißen Shawnee. Mit Dan an der Spitze ist es ein leichtes Spiel – alle Pferde folgen ihm. Der experimentierfreudige John testet noch abgeguckte Techniken, dann ist auch er fertig für den Tag, der vor uns liegt. Die sanften Hügel eröffnen immer wieder neue Panoramen. Hinter uns schimmert die Prärie, vor uns liegen die scharfen Kanten der Rocky Mountains. Wir schlendern entlang der Grenze nach Montana. “Wenn unsere Kühe mal aus Versehen die Grenze überschreiten, würden wir nicht einfach hinterher, um sie wieder einzufangen.”, sagt uns Dan. “Wenn dich die amerikanische Grenzpatrouille erwischt, stecken sie dich gleich in den Knast. Und konfiszieren deine Tiere.”
Wir betreten die Nelson Ranch, die 1898 von Dans Großvater errichtet wurde. Mittlerweile ist sie auf 2.000 Hektar herangewachsen und beherbergt über 200 Kühe. Landwirtschaft ist seit den 1980er Jahren immer schwieriger geworden. Das veranlasste Dan und seine Frau Terri, Pferdetouren anzubieten. So wurde ‘Trail Rides’ geboren. Das wurde so erfolgreich, dass sie mittlerweile 50 Pferde ihr Eigen nennen. Trail Rides bietet ein- bis mehrtägige Touren an – für Anfänger bis zu sehr erfahrenen Reitern. Letztgenannte können auf Wunsch beim Zusammentreiben von Rindern teilnehmen. Das verlangt Pferd und Reiter sehr viel Geschicklichkeit ab. Beide müssen sich mit hoher Geschwindigkeit zwischen den Bäumen bewegen, um mit den Rindern Schritt halten und sie gezielt in eine Richtung lenken zu können.

Wir verbringen die Mittagspause im grünen Gras an einem kleinen Fluss. Callin fühlt sich auf Pferden fast wie zuhause. Nicht umsonst wurde er schon mit 17 Jahren Rodeo-Champion. Nach dem Mittagessen geht es zur Sache. Wer will und kann, darf sich jetzt mit seinem Pferd im Galopp den Berg hinaufwinden. Kein leichtes Unterfangen bei der Steigung. Und schon pesen die meisten Pferde und Reiter davon. Dan bleibt glücklicherweise bei uns. Er geleitet John und mich, immerhin im kräftigen Tempo, auf den Berg. Ich spüre wie ich mit Coco mehr Selbstvertrauen gewinne und hoffe, das gilt umgekehrt auch für sie. Ich jedenfalls glaube, dass wir uns ganz gut aufeinander eingespielt haben. John schafft es sogar zu galoppieren, bei ihm sieht es aber ganz anders aus als bei unseren kanadischen Begleitern.
Callin packt das Kalb, dreht es auf den Rücken und bindet die Beine zusammen. Ich hab’ die Zeit nicht gestoppt, aber er hätte bei einem Rodeo sicher einen der vorderen Plätze ergattert.
Waterton Lakes Nationalpark
Abseits der Massen
Hirsche und Bären in Waterton
Hier kollidiert die endlose Prärie mit den Rocky Mountains. Auf beiden Seiten eines Sees schießen die Felswände senkrecht nach oben. An dem verbleibenden flachen Stück am Wasser ist das charmante Städtchen Waterton gebaut. Inmitten grünen Laubwerkes sind hübsche kleine Häuser aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts verstreut. Viele Künstler und Naturliebhaber haben sich hier im Laufe der Jahre niedergelassen. Der Tourismus hat Fuß gefasst, aber im Gegensatz zu Banff hat der Ort nichts an Charme eingebüßt. Zwischen den Besuchern wandern Hirsche durch die Straßen, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
Und dann auf einmal Stau. Mitten in der Natur. Wohnmobile und Autos stehen schlecht geparkt am Straßenrand während eine Menge von Besuchern in den Wald starrt. Ein Unfall? Nein, Schwarzbären! Ein Weibchen genießt die saftigen Beeren, begleitet von ihren beiden Jungen. Es hat den Anschein, dass sie sich dabei von niemanden stören lässt, sie mampft fröhlich weiter. Einige unerfahrene Touristen wagen sich meiner Auffassung nach viel zu nah an das große Tier heran. Mutterbären können sehr aggressiv werden, wenn sie glauben, ihren Nachwuchs schützen zu müssen. Jetzt sind die Tiere gerade mal 20 Meter von mir entfernt und das ermöglicht mir verdammt gute Aufnahmemöglichkeiten. Die Jungen sind herrlich verspielt., Sie boxen sich vor meiner Kamera. Jetzt hat die Bärenmutter genug und überquert die Straße. Viele der Besucher stehen ihr dabei buchstäblich im Weg und könnten zwischen sie und ihre Jungen geraten, in eine sehr gefährliche Situation. Doch die meisten Touris scheinen ahnungslos zu sein. Einige Kinder laufen hin und her, während die Bärenjungen immer näher kommen. Am Ende ist es nur der Coolness der Bärenmutter zu verdanken, dass es keine Opfer gibt. Wenn man Bären begegnet, sollte man Abstand halten und sich ruhig verhalten. Und niemals weglaufen. Die Bären könnten die Fluchtgeräusche hören und die Jagd aufnehmen. Für John ist es das erste Mal, dass er Bären begegnet. Er ist sehr beeindruckt. Das hier ist Kanada. Und es ist wild.

Camping in den Rockies
In Kanada ist es erlaubt, mit dem Wohnmobil in freier Wildbahn zu campen. Es gibt sogar einen eigenen Begriff dafür: Boondocking. Mit Ausnahme von Nationalparks und Provinzparks ist es fast überall erlaubt. Die meisten Nationalparks sind nur mit einem Tagesticket zugänglich.
Mehr Infos, auch zu Reservierungen für Park-Campingplätze, unter:
Nach Waterton überqueren wir mit unserem Wohnmobil die massiven Rockies. Der Crowsnest Pass wir auch als ‘The Great Divide’ bezeichnet, schließlich ist es die Wasserscheide, die Ost und West trennt. Regen, der in British Columbia herunterkommt, fließt zum Pazifischen Ozean. Aber der Regen, der sich auf Albertas Seite ergießt, fließt in den tausende von Kilometern entfernten Atlantik.
Vorbei an einem alten einsamen Burmis-Baum führt die Straße an der Stadt namens Frank vorbei. Sie wurde 1903 durch einen Bergsturz dem Erdboden gleich gemacht. Davon zeugt noch ein großer Schutthaufen. Schöner dagegen ist das Museum mit alten Fotos und vielen Infos über die historische Bergarbeitersiedlung.
Wir verbringen die Nacht in Coleman, einem Ort, der für seine Rohkohleminen bekannt ist. Auf den ersten Blick ist Coleman nicht gerade beeindruckend. Es gibt jedoch einige sehr schöne Plätze zum Essen, wo man ‘Road Food’ essen kann, also Burger, Steaks und dergleichen.
Fort Steele – zurück in die Vergangenheit
Auf dem Kootenay Highway kommen wir an Fort Steele vorbei, einer alten Siedlung, das heute als kanadisches Kulturerbe gilt. In ähnlichen Dörfern in Nordamerika muss ich immer an Disneyland denken – aber hier ist das anders. Alle Häuser hier sind original erhalten, manche riechen wie das Haus meiner Großmutter. Viele verschiedene Stile kann man hier entdecken, vom romantischen Farmcharme bis zum edlen High-Society-Design. Dazu gibt es viele Gelegenheiten, Sattler- und Schmiedewerkstätten zu besichtigen. Insgesamt ein überraschend interessanter Zwischenstopp auf dem Weg zu den Radium Hot Springs. Nach einem schnellen Bad in diesen Thermalbecken ziehen wir unsere Wanderschuhe an und spazieren zum schönsten See der Kootenays.
Reisemobil-Abenteuer in den Rocky Mountains
Lust auf einen Camper-Trip? Dann bist du bei Travelhome genau an der richtigen Adresse. Seit 1986 sind die Reiseexperten in Kanada aktiv. Du erhältst eine professionelle und maßgeschneiderte Beratung. Eine Reise mit dem Wohnmobil durch Westkanada beginnt bei 786 Euro pro Person.
Ⅰ
Kootenay-Nationalpark, Britisch-Kolumbien.
Der erste Teil des Rockwall Trails verläuft durch einen abgebrannten Wald. Wir wandern an etlichen schwarzen Stämmen vorbei. Es ist eine surreale Umgebung, aus Totholz geformt mit üppigen Unterholz aus jungen frischen Büschen. Großblättrige Pflanzen stellen sich uns hier und da bis in den Weg. Der Regen und die triefend nassen Blätter der jungen Bäume durchnässen uns bis zur Arschritze. Nach einem langen Anstieg kommt endlich der Floe Lake in Sicht, einer der fotogensten Bergseen der Rocky Mountains. Wir sind fast 700 Meter aufgestiegen und jetzt nach dem Regen liegen die Wolken knapp über dem See. Der Tag neigt sich dem Ende zu, wir müssen zurück zum Wohnmobil, aber ich habe mein Foto noch nicht. Aber dann meinen es die Wettergötter gut mit uns. Ein orange-rotes Leuchten kriecht langsam die Bergwand hinunter. Sein Spiegelbild wandert in die andere Richtung, bis sich beide in perfekter Synchronität in der Mitte meines Suchers treffen. Der See ist spiegelglatt und das warme Abendlicht verzaubert den Floe Lake. Ein Outdoor-Freak taucht aus seinem tropfnassen Zelt. Er erzählt mir, dass der Sonnenaufgang noch spektakulärer sei. Darauf können wir nicht mehr warten. Wir haben nur noch zwei Stunden für unseren Abstieg, dann bricht die Nacht herein.
Mit einem gezielten, leicht wackeligen Cayennepfefferstrahl aus meiner Spraydose gelingt es mir, den Schwarzbären mit Lichtgeschwindigkeit wieder in den Wald zu jagen.
Am nächsten Morgen müssen wir uns entscheiden. Wir können nach Norden fahren zum größten Publikumsmagneten der Rocky Mountains: Banff. Und dann durch den Icefields Parkway entlang der größten Gletscher der Rockies bis zum Jasper National Park. Dann könnten wir uns noch Edmonton anschauen. Aber bei dem Tempo hätte das eher was von Biathlon statt genussvoll reisen. Also entscheiden wir uns für die Langsamkeit und verbringen die letzten Tage in den Kananaskis.
Kananaskis Land
Der Hinterhof von Calgary
Kananaskis Land
Wir haben ja schon mehrfach Bären gesehen und ich hatte beschlossen, sie in dieser Geschichte nicht mehr zu erwähnen. Mein guter Vorsatz verschwindet ratzfatz im Nirwana. Gleich beim ersten Halt unserer Tour um den Mount Kidd RV Park muss ich mein Bärenspray rauskramen. Ein Schwarzbär kommt meiner Komfortzone sehr nah und stellt sich mir in den Weg. Dann checke ich, dass ich es bin, der sich in seinen Weg stellt. Mit einem gezielten, leicht wackeligen Cayennepfefferstrahl aus meiner Spraydose gelingt es mir, den massiven Kerl mit Lichtgeschwindigkeit wieder in den Wald zu jagen. Diese Begegnung ist nun offiziell der Auftakt für ein paar Tage Radfahren, Wandern und Kanufahren – mit einer Rafting-Tour auf dem Kananaskis River als Höhepunkt.
Der Kananaskis wird auch als Calgarys Hinterhof bezeichnet. Calgary, am Rand der kanadischen Rocky Mountains gelegen, wurde einst zur lebenswertesten Stadt der Welt erklärt. Die Nähe des riesigen Naturspielplatzes für Erwachsene hat sicher dazu beigetragen. Die scharfen Bergketten der Rockies bilden eine natürliche Grenze für die weiten grünen Bachtäler voller Kiefernwälder, die von wilden Flüssen und Bächen durchzogen sind.
Kananaskis Village, wo die Staats- und Regierungschefs der Welt 2002 zum G8-Gipfel zusammenkamen.
Wandern
Für Wanderer, die nicht für mehrtägige Wanderungen ausgerüstet sind, bietet Kananaskis Country eine große Auswahl an Tages- und Halbtageswanderungen. Von Spaziergängen durch Nadelwälder mit Flüssen und Seen in tiefer gelegenen Ebenen bis hin zu Hochwanderungen auf Bergrücken ist alles dabei.
Mount Kidd
Mount Kidd ist ein schöner Berg und ideal für einen ersten Ausflug. Der Weg beginnt direkt hinter der Lodge und führt zunächst durch einen Wald. Später zieht er sich über einen Grashang steil nach oben. Dort hat man einen fantastischen Blick über die Kananaskis. Der Spaziergang dauert etwa 3-4 Stunden.
Mount Indefatigable
Mount Indefatigable bietet viele Wandermöglichkeiten, einige davon sind spektakulär. Der 500-Meter-Anstieg auf den Gipfel ist auf einer relativ kurzen Strecke von 4,5 km zurückgelegt. Oben angekommen, überblickt man den oberen und unteren Kananaskis See. Der Weg ist deutlich markiert, aber an einigen Stellen muss man Felsen erklimmen und Schotterhügel passieren.
Radfahren
Das Kananaskis bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten für Radfahrer. Vor allem Mountainbiker (MTB) kommen hier voll auf ihre Kosten. Fast alle Wanderwege zu den Wasserfällen sind auch für MTB-Fahrer zugänglich. Wir fuhren zum Fire Lookout, dem Aussichtspunkt der Feuerwehr zur Beobachtung von Waldbränden. Ein zweigleisiger Holzweg führt im Zickzack zum Verzweifeln langsam durch den Wald, aber die Mühen werden belohnt. Es stellt sich heraus, dass man hier zum schönsten Feuerwehrposten Kanadas gelangt. Von der Almwiese aus kann man direkt in die tiefen dunkelgrünen Kiefernwälder blicken, mit dem Kananaskis River in der Mitte des Tales. In der Ferne ist die Lodge in einem üppig-grünen Tal zu sehen. Für diejenigen, die keine Lust auf Hardcore-Klettern haben, aber trotzdem die Berge erkunden wollen, gibt es E-Bikes als Alternative.
Drei Routen für Mountainbiker
1. Evans Thomas: 10 km von Kananaskis Outfitters, 2 Stunden
2. Troll: 2 Stunden für erfahrene MTB.
3. Ribbon Falls: 4 Stunden, letztes Stück zu Fuß zum Wasserfall

Rafting
Die Sommertage können heiß sein. Zu heiß für einen gemütlichen Spaziergang. An solchen Tagen kann man wunderbar mit dem Floß den Fluss hinunterfahren. Mit den Flößen von Inside Out Experience kann man zwei Flüsse befahren: den Kananaskis und den Kicking Horse. Wir wählen den ersten. Der Wildwasserfluss dritten Grades ist ein Kinderspiel, wenn man sich schon mal durch den Zambezi gekämpft hat. Aber auch auf Kanasaskis River kann man seinen Spaß haben. Für die meisten Gäste zwischen 12 und 60 Jahren ist es das erste Mal auf einem Floß. Deshalb üben die Gäste zuerst das Paddeln. Und das muss in kritischen Situationen auf dem Fluss synchron funktionieren, wenn der Floßführer alle Paddel in die richtige Richtung dirigiert.
Auf dem Fluss selbst bleibt wenig Zeit für Pausen. Die erste Stromschnelle nimmt uns gleich in die Zange, die nächste quetscht unser Floß in eine neue Form, die darauf ergießt sich als Welle übers Floß. Alle paddeln wie die Verrückten. Unseren Rafting-Morgen schließen wir mit einem erfrischenden Bad zwischen Forellen ab. Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, kann am Nachmittag auf dem Fluss ‘Kicking Horse’ gleich das nächste Rafting-Level testen. Der Name verspricht viel Gutes.
Kanu
Wer die Natur erwachen sehen will, sollte sich ein Kanu mieten und damit einen der Seen erkunden. Der obere und der untere Kananaskis sind die am besten zugänglichen Seen. Bist du noch nie mit einem Kanu auf dem Dach gefahren? Michelle Earls von Kananaskis Outfitters freut sich, das für dich zu übernehmen. Zwei Blöcke spezieller Schaumstoff und zwei Gurte halten das Kanu in perfekter Balance auf dem Autodach.
Die Seen zeigen sich in den frühen Morgenstunden von ihrer besten Seite. Dann, wenn Nebelschwaden aus dem Wasser aufsteigen und die Wolkendecken der Berghänge ins Tal rutschen. Elche, Bären, Wapiti – sie alle können vom Wasser aus lautlos und sicher angesteuert werden. Umgeben von Wäldern mit grauen Kragen aus Felsen und sanft plätscherndem Wasser am Bug fühlt es sich an, als wäre man weit weg von der Zivilisation. Dabei sind wir gerade einmal eine halbe Stunde von der Lodge entfernt. Wenn man früh genug ins Wasser geht, ist man rechtzeitig zum Frühstück zurück.
1. Barrier Lake
2. Lower und Upper Kananaskis Lakes: 40 km vom Kananaskis Village entfernt.
Reisemobil-Abenteuer in den Rocky Mountains
Lust auf einen Camper-Trip? Dann bist du bei Travelhome genau an der richtigen Adresse. Seit 1986 sind die Reiseexperten in Kanada aktiv. Du erhältst eine professionelle und maßgeschneiderte Beratung. Eine Reise mit dem Wohnmobil durch Westkanada beginnt bei 786 Euro pro Person.
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